Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.4                                                   September 1993


Der Herthasee (I. Folge)

Zur Morphologie seiner Lage und Entstehung untersuchte Adolf Bellmer (zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde u.a.) den Herthasee. Dies geht aus einer Inauguraldissertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde der ÆHohen philosophischen Fakultät der Königlichen Universität Greifswald" aus dem Jahre 1906 hervor. Dazu Auszüge aus seiner Arbeit.

Der Hertha-See (früher auch Burg- oder Schwarzer See genannt) westlich von Stubbenkammer gelegen, hat bei einer Fläche von ca. 2 Hektar eine O-W gerichtete Länge von 162 m, eine Breite von 125 m und ein Niveau von 125 m (Neuvermessungen 114 m) über NN. Die Gestalt des See ist eine regelmässig beckenförmige, nur dadurch etwas unsymmetrisch, daß auf der Nordseite, wo der See unmittelbar an einen diluvialen Hügelzug angrenzt, der Boden erheblich steiler abfällt als auf der gegenüberliegenden Seite und nach O und W, wo sich Moore bis an den See heranziehen. Die von mir gemessene Maximaltiefe des im Volke vielfach als unergründlich geltenden Sees beträgt 11 m und liegt jener Unsymmetrie entsprechend mehr dem nördlichen Ufer angenähert.

Literaturhinweise geben u.a. zum Herthasee an, daß nach Vermessungen vom 08.09.1745 durch den Bergener Bürger Schiffer Joh. Last und dem königlichen Heidereiter zum Werder in der Stubnitz, Johann Jürgen Teden, nachfolgende Untersuchungsergebnisse niedergeschrieben wurden:

An der Oster- Kante von dem Rohr herauf, beinahe 20 schritt, ist der Grund hart und das Schaar von 1 bis 2 Fuss Wasser. Beim Rohr fangt es an quebbig zu werden. Dasselbe ist an 6 Ellen breit und hat wo es am tiefsten steht 3 Ellen Wasser, neigt sich aber seewärts zur Tiefe.

An der Norder-Seite ist der Grund auf 3 Ellen breit abhängig, und darauf folgt eine steile Tiefe con 14 Ellen (=9,34 m).

An der Süder- und Wester-Kante ist die Tiefe 6-7 Ellen. Die größte Tiefe aber des Sees ist nirgends über 14 Ellen und der Grund ist überall quebbig.

Bei der Suche nach der tiefsten Stelle des Sees ermittelte ich vor ca. 25 Jahren auch 11 Meter. Im Sommer 1993 konnten wiederum 11 m als tiefste Stelle durch die Nationalparkwacht gemessen werden. Dies sind interessante Feststellungen. Man sollte annehmen, daß der Herthasee zunehmend flacher wird, weil die in den letzten 10 Jahren zu beobachtende Bioplanktonproduktion eine Faulschlammbildung auf dem Grund beschleunigt.

Im allgemeinen flacht sich der Seeboden, abgesehen von der steilen Nordseite, gleichmäßig ab, nämlich auf je 10 Meter Abstand um 1 Meter. Der Untergrund ist im Osten sandig, sonst moorig.

Bei meinen Tauchgängen in den letzten 25 Jahren konnte ich kontinuierlich eine weitere Verschlammung auch auf dem sandigen Abschnitt zur Herthaburg hin feststellen.

Einen sichtbaren Abfluß besitzt der See nicht, wohl aber einen unterirdischen, und zwar wird die Golgathaquelle in der Erosionsschlucht zwischen Groß- und Klein-Stubbenkammer als solche bezeichnet.

Bei den Naturschutzgebietsbeschreibungen der Bezirke Rostock usw. schreiben die Autoren Dr.L.Jeschke, Dr.G.Klafs, Dr.H.Schmidt und Dr.W.Starke: Neben geringen Zuflüssen besitzt dieser See bei Hochwasser über eine vermoorte Senke oberirdischen Abfluß nach Osten zum Steinbach. Dies kann ich nicht bestätigen. Gemeint ist sicherlich der südöstliche Abflußgraben, der unter dem Kopfsteinpflaster Richtung Hauptstraße in die große rechts liegende Senke mündet (Kleiner Herthasee). Diesen Graben gab es offensichtlich 1906 noch nicht. Eigene Beobachtungen zeigen aber, daß das Wasser in dieser Senke versickert. Sie hat sogar noch Zufluß aus der großen Wiese hinter der Hauptstraße, die allerdings auch in Richtung des kleinen Steinbaches entwässert, sowie aus SW-Richtung. Die benannte Senke ist seit 5 Jahren trocken, was ich etwa 25 Jahre zuvor nicht beobachten konnte. Auch ist der Herthasee nach eigenen Beobachtungen in dieser Zeit nicht übergelaufen (Niederschlagsarmut). Scheinbar gibt es inzwischen eine unterirdische Entwässerung, die sowohl A.Bellmer folgend in der Golgathaquelle oder aber im kleinen Steinbach mündet.

Über die Entstehung des Beckens gehen die Ansichten auseinander.

Bellmer zitiert die verschiedensten Forscher, wo öfter vom Erdfallsee geschrieben wird, aber auch andere Entstehungsformen beschrieben wird. Aufgrund pollenanalytischer Befunde wird der Herthasee als junger Erdfallsee gedeutet (Lange, Jeschke, Knapp 1986).

Die Grundgebirge der Insel Rügen stellen ein von Spalten durchsetztes und auf diesen vielfach verworfenes Schollengebirge dar. Der Hertha-See nun ist nichts anderes als ein Rest einer solchen, ursprünglich lang gestreckten, jetzt aber zum grössten Teil vermoorten Senke und charakterisiert sich als eine Blänk (Tümpel im Hochmoor). Er liegt an der Gabelungstelle der Senke, wo sie an ihrem Ostende einen Arm nach SO entsendet. Auf ihrer Nordseite wird diese Senke von dem 0-W streichenden Hügelzug begleitet, welcher an seinem östlichen Ende gerade am Hertha-See den mächtigen Burgwall, die Herthaburg, trägt und danach den Namen Burg-Berg führt. Ein ähnlicher auf den Steinbach zu gerichteter Hügelrücken bildet die Umrandung auf der Südseite. Der Vermoorungsprozess befindet sich noch heute in langsamem Fortgange, und zwar hauptsächlich von der gegen die herrschenden Westwinde geschützten ruhigen Westseite her, während das den Wellen mehr ausgesetzte Ostufer in erheblich geringerem Grade der Vermoorung unterworfen ist.

Dieser Feststellung schließe ich mich heute nach meinen eigenen Beobachtungen an.

Fritz Schröder


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 01.08.1998

Zurück zum Index

Zurück zur Homepage des Fördervereins