Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.7                                                   Januar 1995


Edelkrebse in Deutschland, auf Rügen, im Herthasee (II)

Die nachtaktiven Edelkrebse verlassen bereits vor Einbruch der Dunkelheit ihre gegrabenen Erdhöhlen, Baumwurzeln, im Uferbereich oder sonstigen Verstecke, die sich inzwischen leider auch aus einer Gewasservermüllung ergeben haben. Mit ihren Antennen (Tast- und Geruchsorgane) kommen sie vorsichtig aus den Verstecken heraus und schreiten abwechselnd mit den Gehbeinen vorwärts.

Die an der Unterseite roten Scheren sind groß und kräftig ausgebildet. Die Oberseite, wie auch der Brustpanzer und Schwanz, sind braun bis grünlich oder sogar blau gefärbt. Der Standort spielt dabei eine große Rolle. So sind auf weißem Untergrund, wie z.B. Kreidegruben, helle Exemplare keine Seltenheit.

In langsam fließenden Gewässern fühlen sie sich wohl, wobei alle Vorkommen auf Rügen in stehenden Gewässern zu finden sind. Sauerstoffreiche Gewässer sind mit entscheidend für ihr Überleben.

Ihre Nahrung besteht aus vitaminreichen Pflanzen, Würmern, Schnecken oder auch kleinen kranken Fischen. Mit den Scheren der Schreitbeine wird die Nahrung festgehalten und zum Mund geführt. Die großen Scheren sind hauptsächlich Kampfwerkzeuge und können beim Kampf ohne weiteres mal absprengen. Sie wachsen aber wieder nach. So sieht man oft Exemplare, die eine große und eine kleine Schere haben. Das Absprengen kann aber auch bei der Häutung passieren.

Die Stielaugen können bei Gefahr in die vorhandenen Ausbuchtungen zurückgezogen werden. Krebse sind Einzelgänger und haben feste Standorte. Ausgezeichnet können sie durch das Schwanzeinschlagen rückwärts schwimmen und so ihren Feinden entfliehen. Dabei werden die großen Scheren als Steuer benutzt. Mit außerordentlicher Genauigkeit schießen sie so in ihre Verstecke. Dort verschließen die Scheren, als verteidigungsbereite Waffen, den Schlupfwinkel.

Untergrundbedingt sind im Herthasee nur wenig Höhlen vorhanden. Die Wurzeln der Erlen und Bülten im Uferbereich waren immer schon mit die Hauptrückzugsstätten für die Edelkrebse in diesem See. Durch den extrem niedrigen Wasserstand der ca. letzten 5 Jahre reichte das Wasser nicht mehr bis zu den Wurzeln, so hatten Hechte und Barsche gute Beutebedingungen, was auch zum Rückgang der Krebse beigetragen hat.

Im August 1989 schrieb Dr. Noack noch in einem OZ-Artikel:

"Leider ist es in der Vergangenheit passiert, daß Krebse gefangen, präpariert und als Souvenir vertrieben wurden. Damit das nicht mehr geschieht, sind künftig verstärkt Kontrollen vorgesehen. Insbesondere erwarten wir eine stärkere Einflußnahme von Eltern auf ihre an Gewässern spielenden Kinder."

Durch Kontrollen der Fischereiaufsichtsführenden und Aufklärungsarbeit in den Anglerverbänden hat es dazu beigetragen, daß dies scheinbar nicht mehr vorkommt.

Im Sommer häuten sich die Krebse. da der Panzer nicht mitwachsen kann. Dabei werden gleich manchmal vorkommende Krebsegel als Schmarotzer mit abgestoßen. Der Häutungsprozeß klappt nicht immer reibungslos, so daß dabei auch Tiere verenden können. wenn z.B. die Scheren oder der Schwanz nicht rausrutschen. Die Tiere sind dann ganz weich und fast schutzlos. Daher ziehen sie sich in dieser Zeit ganz in ihre Höhlen oder Schlupfwinkel zurück Sie werden dann Butterkrebse genannt.

Im Oktober ist dann Paarungszeit. Die Männchen heften ein Samenpaket den Weibchen zwischen die drei letzten Beinpaare Etwa ein bis zwei Monate später legen die Weibchen erst die Eier ab, indem sie den Hinterleib nach vorn umklappen und den Hohlraum mit Schleim ausfüllen. Eine feste elastische Haut bildet sich. Aus dem 3. Beinpaar drücken sie dann etwa 200 bis 300 Eier hinein.

Rund sechs Monate kleben dann die sich entwickelnden Eier unter dem Schwanz, bis die etwa 10 mm langen jungen Krebse schlüpfen. Beim Amerikanischen Flußkrebs erfolgt die Eiablage erst im April/Mai.) Ein bis zwei Wochen bleiben diese dann noch im Bereich des Mutterleibes und nehmen selbständig die erste Pflanzennahrung auf diese fehlt leider inzwischen im Herthasee weitgehend) bis sie dann langsam Einzelgänger werden.

Die Krebse ruhen im Winter einige Wochen, machen aber keinen Winterschlaf. Durch die lange Eitragezeit und damit auch längere Gefährdungszeit der Eier kommen von den etwa 250 Eiern nur 10 bis 50 Stück zur Entwicklung (ganz anders beim Amerikanischen Flußkrebs. da dieser nur einige Wochen Eiertragzeit hat). Es bleibt also fraglich, ob im Herthasee die letzten Edelkrebse überleben werden. Zwar überstanden sie die Krebspest in den letzten rund einhundert Jahren, vermutlich durch die gute Isolation des Gewässern. Pflanzlicher Nahrungsmangel, fehlende Versteckmöglichkeiten, vorhandene Räuber verschiedenster Art (auch Libellenlarven, Wasserkäfer Wasserwanzen usw. schnappen sich die in geringer Zahl geschlüpften Jungkrebse). Sichtbar wird hier wieder einmal. daß ein Artenschutz oft nur über den Biotopschutz erreichbar ist.

Fritz Schröder


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 18.07.1998

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