Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.6                                                   September 1994


Drei Jahre Nationalparkamt Mecklenburg - Vorpommern - Zeit Resümee zu ziehen

Eigentlich sind 3 Jahre noch keine runde Zahl, aber wenn sich in Vorbereitung der Wahlen sogar der Wirtschaftsminister zum Geburtstag der Zentrale in Speck einfindet, ist es auch für uns Anlaß, ein wenig Resümee zu ziehen.

Mit 3 Jahren entwächst man dem Kleinkindalter, hat Kindergartenreife erreicht, kann gut gehen und sich nach außen verständlich äußern.

Wir stellen also schon etwas dar, sind beachtet, geachtet und leider auch z.T. angefeindet und gefürchtet.

Doch wenn man sich zurücklehnt und die Gedanken baumeln läßt, merkt man, die Sturm- und Drangzeit, die Zeit großer Ideen und Träume - eben die Wendezeit ist vorbei. Der realpolitische bundesdeutsche Alltag hat uns eingeholt, Naturschutz als hehres, großes Ziel hat abgespeckt. Am Rande und in ein paar Reden taucht er noch auf.

Von der "sozialökologischen Marktwirtschaft" ist vom ersten Teil nicht mehr viel übrig. Aber das Nationalparkprogramm für Mecklenburg-Vorpommern mit seinen zehn Großschutzgebieten ist geblieben.

Neues revolutionäres, besser evolutionäres, Gedankengut aus der Wende hat bis jetzt überlebt und beweist Lebensfähigkeit.

Mecklenburg-Vorpommern mit seiner für Deutschland einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft, mit seiner Konzentration von großen naturnahen Landschaftskomplexen ist einmal nicht 5O Jahre zurück, sondern seiner Zeit voraus.

Der Schutz unverbrauchter, noch naturnaher Landschaft als Kapital für unsere Zukunft, unsere Kinder ist dringend erforderlich.

Wir sind zwar nur wenige Mitarbeiter und stehen einer ungebändigten Menge Touristen gegenüber, aber es zeigt sich, daß wir mit den wenigen finanziellen Mitteln und geringem Personal effektiv umgehen können. Denn obwohl uns die Bürokratie immer wieder einholt und zeigt, wo die Grenzen des Machbaren liegen, ist vieles geschaffen worden, was in anderen Gegenden Jahre länger Zeit hatte zu wachsen und aus reicheren finanziellen Quellen geschöpft werden konnte.

Der Anfang mit Aufbauleitung war hart und geprägt von Lust, Enthusiasmus, Gesetzes- und Zuständigkeitsunkenntnis. Die Aufbauleitung ackerte, um anerkannter Partner zu werden und residierte im Notquartier Wittenfelde. Sponsoren wurden gesucht, viele kleine Dinge realisiert, während Großes geträumt wurde.

Man spürte aber immer deutlicher wie die Fesseln enger wurden.

Eigentümer von Grund und Boden bemerkten nun die stärker eingeschränkte Nutzung. Eigentum, die "heilige Kuh", war für viele von uns völliges Neuland. Juristisch wurde es jetzt langsam kompliziert. Baurecht, Planungsrecht - die vorwendisch verträumte Insel war plötzlich zwei großen Anstürmen ausgesetzt - den "Schauwütigen" und den "Bauwütigen" . Beide galt und gilt es zu lenken.

Natürlich sind wir am Anfang in falsch verstandenem Eifer für die Natur im Strom der "Schauwütigen" manchmal auch etwas zu rigoros vorgegangen Das hat sich vor allem in der umgebenden Bevölkerung bemerkbar und bis zu dem Gerücht gesteigert, man dürfe den Nationalpark nicht mehr betreten. Es kostet uns immer wieder sehr viel Kraft, solche und ähnliche Gerüchte abzubauen. Aber wir sind dabei und suchen auch Verbündete für unsere Natur. Mit den Jägern haben wir schon einige Kontakte, die weiter ausgebaut werden müssen.

Für die Touristen haben wir viel geschafft in den 3 Jahren. Der Wanderweg Parkplatz Hagen zum Königsstuhl ist wohl das am meisten benutzte Ergebnis unseres Wirkens. Sehr gern genutzt werden auch unsere Plattform am Herthasee und dem kleinen Erlenbruch. Das Kieler Bachtal ist neu gestaltet worden. Viel ist auch in anderer Hinsicht für die Touristen getan worden. 4 Faltblätter, 12 Schautafeln und ca. 170 Beiträge für Zeitschriften, Kartenverlage u.ä. sind entstanden. 3 Faltblätter und 2 Schautafeln sind im "Rohbau" fertig.

Insgesamt wurden von uns ca. 8 000 Menschen durch den Nationalpark geführt bzw. mit Vorträgen auf die Schönheit und Empfindlichkeit des Gebietes aufmerksam gemacht. Die ersten Mitglieder des Fördervereins, Frau Sonnemann und Herr Lokenvitz, haben sich dieses Jahr als Exkursionführer mit in diese Arbeit eingebracht. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Einer der größten Posten in der Arbeit ist aber immer wieder der Müll. Es ist einfach unwahrscheinlich, was unsere Menschen so wegwerfen. Sowohl Einheimische als auch Feriengäste sind an der Vermüllung der Natur beteiligt. Allein 1994 wurden bis Ende April 2 t Schrott, 14 m3 Hausmüll und 14 Reifen geborgen. Die Natur- und Nationalparkwacht verbringt etwa 1/3 ihrer Zeit mit Müll- und Abfallberäumung.

3 Jahre nach Gründung des Nationalparkamtes zeigt sich, daß viel Altes, Gutes erhalten und fortgeführt wurde, aber auch viel Neues für die Besucherlenkung und Besucherinformation geschaffen wurde. Defizite gibt es vor allem noch in der Arbeit mit der einheimischen Bevölkerung, auf wissenschaftlichem Gebiet und in der Personalausstattung der Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und Naturwacht.

Auf Grund des bisher Erreichten schauen die Mitarbeiter aus einem arbeitsreichen Alltag mit Optimismus in die Zukunft. auch diese Probleme noch zu lösen. Es gilt, den Menschen, die unsere Insel und den Nationalpark bereisen, die Schönheit unserer Heimat nahe zu bringen, sie für diese herrliche Landschaft, aber auch ihre Empfindlichkeit und Verletzlichkeit zu sensibilisieren.

Gerd Klötzer


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 27.07.1998

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