Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.9                                                  Dezember 1995


5 Jahre Nationalpark

Jeder Leser erwartet unter diesem Titel Bilanzen, Zahlen, Fakten. Wie viele Touristen sind wann, wo und von wem geführt worden usw., usw .

Sicher gibt es auch dazu wieder einmal Gelegenheit. Hier und jetzt soll nicht trockene Statistik durch Worte ergänzt werden.Ich möchte anregen - anregen zum Nachdenken, Verstehen, ja, vielleicht auch zur lebendigen Diskussion.

Fünf Jahre - für die Natur ein kaum nennenswerter Zeitabschnitt.

Fünf Jahre Nationalpark - sind wir dahin unterwegs, am Ziel angekommen oder vielleicht noch gar nicht losgegangen?

Formuliertes Ziel ist es, die Natur unbeeinflußt wirken zu lassen und den sich ständig verändernden Prozeß dem Menschen erholungswirksam zeigen zu können.

Wer sehen will versteht, daß beides möglich ist: wenig beeinflußte Natur wie auch Erholung und Bildung für den Menschen.

Aber oft - zu oft - stößt das Sich-Selbst-Überlassen auf Unverständnis, ja Unmut.

Wir sind es ja gewohnt, zu lenken, zu leiten und aufzuräumen. Und da soll nun etwas unserem Einfluß entzogen werden; wir selbst sollen unbeteiligte Zuschauer sein, das Nutzungsdenken verdrängen. Sollen verstehen, daß 'Schädlinge' und 'Unkräuter' auch Lebewesen sind, Lebewesen mit einem natürlichen Recht auf Leben!

Da regt sich Widerspruch, es geht uns gegen den Strich. Was ist wenn ...? Und allzu willig schließen wir uns denen an. die scheinbar mit guten Argumenten suggerieren: "Hier lauert Gefahr!"

Nach 25 Jahren Nationalpark Bayerischer Wald ist sogar dort die Diskussion wieder aufgebrochen und die Argumente "es verkommt und verrottet nutzlos" kommen uns merkwürdig bekannt vor.

Schadet uns Natur wirklich, wenn wir sie in Ruhe lassen, sie nicht beeinflussen?

Nicht die Natur braucht den Menschen, sondern er die Natur. Und sie sich untertan zu machen heißt nicht, sie überall so zu nutzen, daß ihre Komplexität in Gefahr gerät.

Würde zum Beispiel alles Holz im Wald genutzt, gäbe es bald keine Pilze mehr. Den Menschen kann man nicht schützen, wenn man ihm die Erde nimmt, den Bockkäfer nicht ohne Totholz und den Laubfrosch nicht ohne Erhalt seines Lebensraums.

Geben und lassen wir der Natur in den Nationalparken ihr kleines Stück Freiheit!

Wir Menschen tun alles, um möglichst viel persönliche Freiheit zu erlangen - geben wir der Natur ihren Freiraum!

Sie wird ihn ohne unser Zutun nutzen und uns gleichzeitig zeigen, wie auf Veränderungen reagiert werden kann - nach 25 Jahren in Bayern und 5 Jahren in Jasmund.

Wir sind in diesem Sinne auf dem Weg, einem fernen Ziel in Trippelschritten entgegen.

Mutter Natur wird es uns und unseren Nachfahren danken.

G. Klötzer


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 17.07.1998

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