Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.7                                                   Januar 1995


Zusammenarbeit mit der Forstwirtschaft

Diesmal ein separater Artikel zu diesem Thema, da Leser kritisieren, in dem Artikel "3 Jahre Nationalparkamt" im letzten Heft fehlt dieser Teil der Arbeit. Also habe ich mich hingesetzt und einmal alles zusammentragen, Positives als auch Negatives. Ich gebe zu, es ist nicht einfach. objektiv dabei zu bleiben. Aber ich denke. als Forstmann in der Naturschutzverwaltung bin ich der richtige Puffer zwischen den beiden, teilweise recht verhärteten. Fronten.

Natürlich ist es nicht immer leicht, dazwischen zu stehen, von den Forstleuten als fahnenflüchtig geächtet. von Naturschützern als ewiger Förster und betriebsblind eingestuft, läuft man Gefahr, zwischen den Mühlsteinen zerrieben zu werden. Aber daß ich in dieser lockeren Art darüber schreiben kann, zeigt, daß es mir auch Spaß macht. Außerdem bekommt man durch diese Pufferstellung auch eine so komplexe Sicht der Dinge und Zusammenhänge, wie sie von keiner der beiden Seiten wohl möglich ist. Aber genug der polemischen Worte.

Ich will mit den kritikwürdigen Punkten beginnen, damit der Beitrag positiv endet. Der Kontakt zum Forstamt ist immer noch nicht ausreichend, wobei es sich gegenüber den vergangenen Jahren gebessert hat. Das Grundproblem liegt im Selbstverständnis und in der Anerkennung des Forstamtes als Besonderheit. Solange das Forstamt versucht, sich als Forstamt normaler Bewirtschaftung zu verstehen und in Abrechnung und Dienstberatungen mit normalen Forstämtern verglichen wird, ist eine nationalparktypische Arbeit nicht in vollem Umfang möglich.

Wenn Herr Sacher sagt, daß auch er zur Wertholzauktion seinen Beitrag bringen will und muß, wird dies deutlich. In der "Richtlinie zur Behandlung der Wälder im Nationalpark Jasmund" (von Landwirtschafts- und Umweltminister unterzeichnet) heißt es dagegen auch für die Entwicklungs- und Pflegezonen: "Die Waldpflege ist darauf gerichtet, frei von wirtschaftsbestimmter Nutzung die natürlich sich einstellenden Baumarten zu fördern." Solange Forderungen nach Nutzung im Vordergrund stehen und weniger die Pflege im oben genannten Sinne, so lange wird es zu Streitpunkten kommen, ob Nutzung notwendig ist oder nicht.

Die Stellung des Forstamtes muß aber auch von oben her als Sonderforstamt akzeptiert werden. Es kann nicht sein, daß versucht wird, das Forstamt zusätzlich zum Plan noch mehrere Hektar Laubholzdurchforstung in der Kernzone abarbeiten zu lassen.

Laubholzdurchforstung in der Kernzone, ein Widerspruch vom Grundsatz her. Selbst mit dem herangezogenen Argument Stabilität der Bestände nicht lösbar. Zusätzlich zum Planziel dem derzeitigen Arbeitsumfang im Nationalparkbereich sollte jeder Forstamtsleiter, der sich der Besonderheit das Forstamtes bewußt ist, froh sein, wenn er Verbündete hat, die ihm noch zusätzliche Arbeiten vom Halse halten. Normales oder Nationalparkforstamt - eine grundsätzliche Einstellung auch der übergeordneten Dienststellen zum Nationalpark und den Nationalparkzielen.

Ein weiteres Problem liegt darin, daß sich einige Mitarbeiter nicht im Klaren sind, wie sehr ihre Arbeit von der Öffentlichkeit begutachtet wird. Holzeinschlag in der Entwicklungszone ist zwar abgestimmt als Pflegeeingriff, aber man muß beim Abschluß bzw. an den Wochenenden nicht knietiefe Rinnen hinterlassen. Zum Glück habe ich früher als Waldarbeiter auch mit dem Traktor gerückt und kann "betriebsblind" Naturschützern klar machen, daß bei Fahrten im Wald Spuren entstehen, kann aber auch gegenüber Forstleuten deutlich machen, daß mir mein Revierförster die Qualitätsprämie gestrichen hätte wenn ich Freitag abend meinen Arbeitsplatz so hinterlassen hätte, wie es hier teilweise üblich ist. Die Spurrinnen rechts neben der Zwillingsbuche sind trotz mehrfacher Versicherung bis heute nicht ausreichend beseitigt. Wo gehobelt wird fallen zwar Späne, aber was auch bei den jetzigen Arbeiten wieder an Stammverletzungen und Spurrinnen zu sehen ist, ist mancher Span zu viel. Das sage ich hier auch und gerade als Forstmann. Es ist wohl der D-Mark geschuldet - schnell, schnell - Zeit ist Geld, Stammverletzungen kosten erst später als Holzentwertung. Es sind noch andere Dinge zu nennen, die eigentlich auch mehr forstliche Grundsätze sind. Da werden trotz Belehrung und vieler Bitten unsererseits Absperrbalken an den Wegen offen gelassen, neue Jagdkanzeln mit riesigen Nägeln an Bäume genagelt u.ä. Aber das sind eben alles Kleinigkeiten. Dadurch wird unsere Arbeit zwar sehr erschwert, jedoch nationalparkgefährdend ist das natürlich nicht. Es ist eben nur nicht sehr schön, wenn Bürger uns nach Erklärungen fragen, wieso Holz an der Zwillinqsbuche bedrohlich schräg auf 2.5 m Höhe gestapelt ist und ob er sich angesichts knietiefer Spurrinnen wirklich in einem Schutzgebiet bewegt.

Nun aber zu den positiven Dingen. Zur großen Kritik am Anfang über die Rückung muß man auch positiv vermerken, daß wieder stärker Pferde eingesetzt werden. Diese auch in anderen Forstverwaltungen immer mehr propagierte bestandsschonende Rückung ist gerade für ein Nationalparkgebiet, insbesondere die Entwicklungszone als Beispielgebiet für naturnahe Forstwirtschaft nur zu begrüßen. Das Heranrücken an den Weg mit Hilfe der Pferde und die anschließende Rückung mit Traktor auf den Wegen hinterläßt ein recht ansprechendes Bild. das nicht nur dem Nationalpark gerecht wird, sondern auch dem Wald gut tut.

Als positiv ist weiterhin einzuschätzen, daß gerade in diesem Jahr Entscheidendes bewegt wurde im Rahmen der Reparatur bzw. Verbesserung der Wanderwege. Das Forstamt hat zwei ABM - Maßnahmen angemeldet, die diesen Bereich nun ein wenig voranbringen. 3 Männer arbeiten am Abstieg Königsstuhl Strand und 5 Männer sind für den restlichen Teil des Hochuferweges eingestellt. Natürlich gab es auch hier Ecken und Kanten. Gerade beim Arbeitsaufwand hatten wir uns verschätzt und haben eine Zeit lang (mit Einverständnis des Arbeitsamtes) beide Gruppen zusammen am Abstieg einsetzen müssen. Sehr gut war, daß immer unkompliziert Material bereitgestellt wurde, und es waren in dringlichen Phase auch Waldarbeiter mit der Motorsäge zugeordnet. Obwohl es in letzter Zelt einige Disziplinverstöße in der Fünfergruppe gab, kann sich das Geschaffene sehen lassen. Aber nicht nur mit den ABM-Kräften ist verstärkt auf diesen diesem Gebiet gearbeitet worden. Auch mit den Stammkräften wurde Beachtliches geschaffen. So ist nach dem Absturz der gesamte Abstieg an der Waldhalle erneuert worden. Auch in anderen Wegbereichen ist viel in Ordnung gebracht worden. Wenn man sieht wieviel Arbeit vom Fällen über Schälen und Zurechtschneiden bis zum Einbau dafür notwendig ist, wird deutlich, daß hier ein ganzes Stück geschaffen wurde.

Zu erwähnen ist auch, daß es wieder gemeinsame Absprache und Führung bei der Exkursion der wildbiologischen Gesellschaft gab.

Sehr positiv hat sich auch die Einstellung zum Müll im Wald entwickelt So wurde sich nicht nur an der gemeinsamen Frühjahrsaktion beteiligt Auch außerhalb dieser Zeit ist die Verantwortung der Forstangestellten für einen sauberen Nationalparkwald - besonders im Revier Sassnitz - besser geworden.

Probleme, daß man Dreck aus dem Wald mit wegräumt, auch wenn es nicht der eigene ist, gibt es noch unter den Begehungsscheininhabern, d.h. den Jägern.

Für sehr gut halte ich, daß das Forstamt sich in das Exkursionsangebot mit einer eigenen Führung "Wald im Nationalpark" einbringt Ich glaube, daß dies der richtige Schritt aufeinander zu ist. Erweitert werden müßte auch die gemeinsame Präsenz in den Schulen. Obwohl wir dort sehr aktiv sind. wäre ein gemeinsames Auftreten im Rahmen der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit in den Schulen von hohem Effekt. Ich hoffe, daß wir auch die Arbeit von Frau Paulson über die Moore gemeinsam zu einem endgültigen Abschluß bekommen (siehe auch Seite 9). Hier war Herr Sacher sehr interessiert beteiligt und auch bereit, die entsprechende Planung der Renaturierung zu unterstützen. Insgesamt möchte ich einschätzen, daß die Zusammenarbeit besser geworden ist, gegenseitige Akzeptanz vorhanden ist - was sich auch darin zeigt, daß Herr Sacher zweimal bei uns im Amt zu Besprechungen weilte. Es kann auch nicht anders sein, daß die beiden Bereiche, die am engsten mit der Natur, dem Wald, hier verbunden sind, gemeinsam an einem Strang ziehen Das ist mein Ziel, nicht nur als Puffer, sondern vor allem als Klammer zu wirken, denn wo Zwei sich streiten, freut sich der Dritte und die Natur hat das Nachsehen.

Gerd Klötzer


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 18.07.1998

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