Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.6                                                   September 1994


Edelkrebse in Deutschland, auf Rügen, im Herthasee (I)

Fast alle geeigneten europäischen Gewässer waren noch bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts mit Krebsen besiedelt. Einheimisch sind dabei Edelkrebs, Galizischer oder Sumpfkrebs und Steinkrebs. [Müller 1973]

Die Edelkrebse (Astacus astacus) gehören zu den bedrohtesten Arten. Noch kommen sie vom Norden bis zum Süden über ganz Deutschland verteilt lokal isoliert vor, oft sind sie nur noch in Gewässern zu finden, wo große Unterschiede im Substrat des Seeuntergrundes vorhanden ist.

Der Steinkrebs (Astacus torrentium) bewohnt kleine Bäche und Flüsse in höheren Regionen. Die nördlichste Verbreitungsgrenze ist der Main.

Der Galizische oder Sumpfkrebs (Astacus leptodactylus) ist von Osteuropa eingeführt worden, ist aber beschränkt auf einige Seen und ehemalige Kiesgruben. [So die Angaben von Troschel/Dehus 1992] Durch große Gewässerbelastungen, infolge der Industrialisierung Europas im vergangenen Jahrhundert und einer damit einhergehenden drastischen Verschlechterung der Wasserqualität, kam es zu einer schnellen Verbreitung einer Pilzinfektion, der sogenannten "Krebspest", die um 1880 in Deutschland zum Erlöschen fast aller Edelkrebspopulationen führte. [Müller 1954]

Besatzversuche blieben erfolglos, weil die Resistenz fehlte. Erst mit dem Einführen des Amerikanischen Flußkrebses (Orconectes limosus) 1890 durch Max von dem Borne, kam es wieder zu einer Gewässerbesiedlung durch diese Krebse. Heute haben diese Krebse (auch Kamberkrebs genannt) als Faunenfremdling nahezu alle ehemaligen Lebensräume des Edelkrebses erobert. Der Amerikanische Flußkrebs ist nicht so anspruchsvoll , sehr resistent und verdrängt die einheimischen Arten. wenn er in die letzten "isoliert" vorkommenden heimischen Bestände eingesetzt wird.

Die einzelnen Arten sind vom Laien nicht zu unterscheiden. Auf Rügen kommen, nach eigenen Untersuchungen, in 8 isolierten Gewässern Flußkrebse vor. Vor 20 Jahren waren es noch wesentlich mehr Vorkommen, die aber erloschen sind. Von den 8 Gewässern sind in 7 Gewässern die Bestände hochgradig bedroht und nur bei einer Population kann zur Zeit von einem stabilen Vorkommen gesprochen werden.

Die von mir selbst untersuchten Exemplare in den verschiedenen Gewässern der Insel Rügen waren immer ausnahmslos Astscus astacus, also Edelkrebse.

Angeblich wurden beim "Krebssterben" im Herthasee 1985 auch tote Amerikanische Flußkrebse gefunden. Die aufgehobenen Exemplare im Zoologischen Museum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald sind aber alles nur Edelkrebse. Auch bei meinen eigenen Untersuchungen an hunderten Krebsen (1985 bis 1993) im Herthasee (wie auch an hunderten Tieren in den Jahren vor 1985) konnte ich nur Edelkrebse finden. Es gilt also weiterhin zu beobachten, ob doch der Amerikanische Flußkrebs auf Rügen und im Herthasee vorkommt.

So gab es auch eine Information, daß es den "Amerikaner" im Südosten unserer Insel gegeben haben soll. Davon waren angeblich Präparate in der Universität Halle vorhanden. Auf Grund meiner Zweifel (ich hatte dort über Jahre bisher nur Edelkrebse gefunden) wurde eine Nachbestimmung vorgenommen und Prof. M. Stubbe bestätigte mir, daß es auch Edelkrebse waren.

Rügen hat wenig Binnengewässer, die dann auch noch weit voneinander entfernt liegen. Damit sind gute Voraussetzungen gegeben, daß keine "Krebspestübertragungen" durch Angler, Fischer oder eigene Wanderungen vorkommen konnten. Vermutlich ist die tödliche Krebspest im vorigen Jahrhundert nicht über den Sund gekommen, so daß die einheimische Art Astacus astacus überleben konnte und dann auf der Insel durch den Menschen umgesetzt und verbreitet wurde (dazu liegen sogar teilweise genaue Daten vor).

Davon ausgehend, daß alle Krebse auf Rügen Edelkrebse sind, bedürfen sie dringend den in der Bundesnaturschutzverordnung im §20 f festgelegten Schutz. Danach darf ihnen nicht nachgestellt werden, Fang, Beeinträchtigung des Lebensraumes, Inbesitznahme, auch abgestorbener Teile, Handel, Erwerb, Beförderung, Störung durch Fotografieren usw. sind nicht erlaubt, soweit nicht nach S20 g Ausnahmen erteilt wurden. Sauerstoffmangel, Wasserverschmutzung und Krebspest sind neben Aal-, Barsch- und Hechtbesatz in Krebsgewässern die häufigsten Rückgangsursachen.

Fritz Schröder


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 27.07.1998

Zurück zum Index

Zurück zur Homepage des Fördervereins