Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.8                                                  Juni 1995


Im Heft 2 des Mitteilungsblattes des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparks Jasmund e.V. erschien ein Beitrag zum Problemkreis Krötenzaun und Brutpflege der Amphibien. Mit dieser Veröffentlichung soll dargestellt werden, welche Veränderung in den vergangenen 3 Jahren vonstatten gingen.

Krötenzäune im Nationalpark Jasmund

Ein echter Naturschützer wird sich schon durch die Überschrift provoziert fühlen:

* Wandersperren

* Eimerfallen für 'geschützte' Tiere!

Und das in einem Nationalpark!

Als vor fast 10 Jahren der erste Krötenzaun auf Rügen kurz vor dem Herthasee an der Hauptstraße zum Königsstuhl von jungen Naturschützern aufgebaut und betreut wurde, war an einen Nationalpark nicht zu denken. Es war reiner Wirtschaftswald, in dem durch Fahrzeuge aller Art jährlich hunderte Erdkröten, Moor- und Grasfrösche sowie viele andere Frühjahrslaichwanderer (besonders nachts) überfahren wurden. Seit dem Bau des ersten Krötenzauns wurden bereits tausende (!) Tiere über die gefährliche Straße getragen und damit vor dem Überfahrenwerden gerettet. Damit soll nicht gesagt werden, daß Krötenzäune d i e Lösung des Problems darstellen, wohl aber eine der momentanen Situation angesichts des Geldmangels angebrachte und vertretbare.

Zwischen dem 01. März 1995 und dem 28. April 1995 wurden an den 3 Krötenzäunen des Nationalparkes erfaßt:

2410 Erdkröten

1293 Kammolche

835 Teichmolche

253 Springfrösche

106 Moorfrösche

79 Rotbauchunken

0 Laubfrösche(witterungsbedingt später - kommen aber auch selbständig aus den Fangbehältern heraus)

Vor und hinter den Zäunen wurden im gesamten Beobachtungszeitraum 46 Totfunde registriert. Wenige Waldeidechsen und Mäuse fanden sich als Beifang in den Eimern.

Trotzdem ging der Bestand Jahr für Jahr zurück! Dies ist ein Trend, der in ganz Mecklenburg-Vorpommern zu verzeichnen ist. Ein entscheidender Grund dafür dürfte in der Häufung von aufeinanderfolgenden trockenen

Jahren liegen. Tümpel, Moore und Sölle tockneten teilweise aus, wodurch der Lebensraum der Frösche, Kröten, Unken und Molche stark reduziert wurde. Ihre Reproduktion wurde mithin erheblich gestört, ja sogar unterbunden. Gleichzeitig vermehrten sich die natürlichen Feinde wie Greifvögel, Mink, Fuchs, Dachs, Kolkraben und andere zum Teil erheblich. Neueste Erkenntnisse lassen vermuten, daß zu den schädigenden Faktoren auch das veränderte Sonnenlicht (Ozonproblematik) zu zählen ist, das die empfindlichen Amphibienhäute( Atmungsorgan) angreift. Zusätzlich zu diesen natürlichen Gründen für einen Bestandsrückgang kommen aber in nicht unerheblichem Umfang noch die antropogen bedingten Schädigungen. In erste Linie ist zu erinnern an:

* Biozid- und Düngereinsatz durch die Landwirtschaft

* Vergüllung

* Vermüllung

* Gewässerbeseitigungen

* Straßennetzverdichtung




Der in den letzten 10 Jahren erfolgte Bestandsrückgang scheint seit 1993 zum Stillstand zu kommen. Eine Ursache dafür könnten die vergangenen 2 feuchteren Jahre sein. Aber auch die mit hohem Aufwand erfolgte 'Rettung' von über 5000 Tieren allein in diesem Jahr (und Ähnlich viele waren es auch im Vorjahr), kann zu dem positiven 'Umschwung' geführt haben. Dennoch ist dieses gute Zeichen kein Grund, dem Amphibienschutz nicht auch weiterhin größte Aufmerksamkeit zu widmen. Da Finanzmittel zum Bau von biologisch günstigeren Straßenuntertunnelungen und Leiteinrichtungen fehlen, wurde zur Artenerhaltung der Ausbau des Krötenzaunprojektes forciert. Es entstanden zwei weitere mobile Krötenzäune im Bereich der alten Kiesgrube Werder und der Kreuzung Hagen-Stubbenkammer. Die gute Bildungsarbeit der vergangenen Jahre hinsichtlich des Schutzes der Amphibien ist gerade während der Laichzeit erkennbar. Viele Einheimische und Besuche bleiben an den Krötenzäunen stehen und verfolgen interessiert das Umsetzen dieser Tiere. Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, daß auch in anderen Gebieten Rügens derartige Schutz- und Leiteinrichtungen hinzukamen (Groß Zicker, Garz, Groß Schoritz, Mölln-Medow, Silenz).

Abschließend noch ein Appell an alle Tierliebhaber und Umweltfreunde: Der von uns praktizierte Amphibienschutz ist nur ein Behelfsweg auf dem Wege zum artgerechten Leben der Amphibien. Trotz aller Sorgfalt und Liebe entsteht für die betroffenen Tiere ein nicht zu verleugnender Streß. Erst werden sie 'gefangen', danach müssen sie einige Stunden in unzumutbarer Beengung vegetieren und sollen dann noch 'normal' laichen! Wie steht es nach dem Laichprozeß mit den Überlebenschancen beim erneuten Überqueren der Straßen? Wieviel Jung- und Alttiere werden dann überfahren? Diese und sicher noch viele andere Fragen erfordern den möglichst baldigen Einsatz von Mitteln zum Bau von 'Amphibientunneln' an den am stärksten frequentierten Stellen. Nur so kann dieser Tiergattung und auch anderen Tieren (Schlange, Igel, Wiesel...) das gefahrlose Passieren von Straßen ganzjährig ermöglicht werden, können die antropogenen Eingriffe in den Lebensraum der Amphibien gemildert werden.

Fritz Schröder


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 17.07.1998

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