Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.2                                                   November 1992


Die Insel Moen - Rügens kleine Schwester

Die Küste Jasmunds ist Europas schönste Kreideküste!

So oder ähnlich lauten die Behauptungen, wenn es um die Kreide- Steilufer des Nationalparks Jasmund geht.

Nun gibt es aber, nur 70 km entfernt, die dänische Insel Moen mit einer Kreideküste. Die kleine Schwester Rügens hat nicht nur ebenfalls ein fast 7 km langes Kreidekliff, sondern auch mit dem Hvide Klint ein Kliff wie das zwischen Sassnitz und Mukran und im Norden sogar, allerdings etwas stärker bewachsene, Feuersteinfelder. Die Halbinsel Ulvshale entstand aus abgetragenem Material von Moens Klingt, also vorrangig Feuerstein.

Aber zurück zum Kreidesteilufer. Südöstlich des Ortes Busene beginnend und zuerst langsam ansteigend erhebt sich das Kliff bei Store Klint (dort befinden sich Parkplatz, Gaststätte und Info- Tafel) auf etwa 1l0 m.

Von dort führt ein steiler Anstieg zum Königsstuhl von Moen, dem Dronningestolen (eigentlich also Königin-Stuhl) mit einer Höhe von 128 m. Bis nach Liselund folgt ein wechselvolles Profil mit steilen Aufstiegen auf dem kaum begangenen Wanderweg. Wie auf Jasmund ist der höchste Berg der Aborrebjerg mit 143 m, etwas weiter vom Kliff entfernt.

In Liselund endet das Kreidekliff und gibt einer geschmackvollen Parklandschaft im englischen Stil Raum. Die für die Kreidelandschaft typischen Bäche werden hier in ein Waldseen- System mit künstlichen Inseln geführt. Schweizerhütte, Lustschloss und einige kleine Gebäude stehen noch im Park, während 1905 bei einem Erdrutsch über 4 ha Land und mit ihm eine französische Badestube, eine englische Kapelle, eine künstliche Ruine, mehrere Steinmonumente und eine Schlucht mit Wasserfall verschwanden. Der Park von Liselund ist schön, hat aber so gar nichts mit einem Nationalpark gemein. Auf einer Wanderung entlang des Hochufers oder direkt am Strand werden die Unterschiede zu Jasmunds Kreideküste offenbar. Der wenig genutzte Hochuferweg führt durch einen schmalen Waldgürtel des erst zwischen 1974 und 1984 für den Staat erworbenen Gebietes (ca. 445 ha), von denen nur etwa 200 ha Wald sind.

Der Wald zeigt deutlich, daß in ihm keine naturnahe Waldwirtschaft betrieben wurde. Kahlschläge, Fremdholzaufforstungen sind deutliche Beweise.

Die Anstiege sind steiler als auf Jasmund. Einheitlich ist die Beschilderung der Aussichtspunkte, Strandabstiege und Informationstafeln. Treppen auf dem Hochuferweg sind gut begehbar, aber unterschiedlich gebaut. An einer Stelle führt der Wanderweg mittels Treppe sogar über einen Koppelzaun.

Die Absicherung am Steilufer ist ebenfalls unterschiedlich. Am Dronningestolen besteht das Geländer aus gemufftem Wasserrohr.

Als Niedergänge zum Strand dienen Treppen. Ihre Installierunq wird dadurch möglich, daß das Moens Klint aus relativ stabilen, standfesten Kreidekomplexen besteht, die oben zahlreiche bizarre Klippen und Grate tragen, am Kliffuß aber in konvexer Wölbung den Strand erreichen.

Die Stabilität hat vorrangig geologisch bedingte Ursachen, denn

1. Ist die Zahl der zwischen den Kreidekomplexen liegenden Ablagerungen (in denen auf Rügen die meisten Rutschungen erfolgen) erheblich geringer (deshalb liegt auch weniger Großgeschiebe am Strand),

2. liegen auf großen Strecken die Feuersteineinlagen waagerecht und stabilisieren somit das Kliff und

3. befinden sich in manchen Bereichen verhärtete Kalkbänder, die ebenfalls stabilisierende Wirkung haben.

Überhaupt sieht der aufmerksame Beobachter zahlreiche weitere Unterschiede.

Die Kreide ist fossilärmer. Die bei uns häufigen "Donnerkeile" sind dort Seltenheiten. Während der frisch aus der Rüqener Kreide entnommene Feuerstein eine etwa 3 mm dicke weiße (und weichere) Rinde besitzt, wirkt der Moener wie abgewaschen. Er entspricht etwa dem durch die Brandung abgerollten Feuersteinen auf Rügen.

Sind in der Rügener Kreide nur wenige Lagen dünnem, plattigem Feuerstein bekannt, so kann der Beobachter auf Moen zahlreiche solcher Bänder sehen.

Die Ursachen für die auffälligen Unterschiede hier zu diskutieren wäre zu kompliziert. Sicher ist:

Moens Küste ist schön, aber herber, schroffer, während Jasmund lieblicher, zarter, farbiger, eben anders ist.

Manfred Kutscher


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 05.08.1998

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