Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.7                                                   Januar 1995


Moore im Nationalpark Jasmund (I)

Im Rahmen der Vorstellung einiger Sachthemen, die in Verbindung mit wissenschaftlichen Arbeiten stehen, möchte ich dieses Mal Moore und die Arbeit von Christina Paulson vorstellen. Anlaß war daß der Pflege- und Entwicklungsplan die Moore nicht in vollem Umfang bearbeiten konnte und somit auf diesem Gebiet einer Präzisierung bedurfte. Frau Paulson, die diese Bearbeitung übernahm, ist Biologin und würde das Thema im Rahmen einer Dissertation gern weiter bearbeiten. Nun zu einigen bisherigen Ergebnissen.


1. Grundlagen

Im ersten Teil der Arbeit wird ein Überblick über die Gliederung der verschiedenen Moortypen gegeben. Man unterscheidet zwei Gliederungssysteme:

a) Gliederung nach der Nährstoffversorgung

b) Gliederung nach der Beziehung des Moores zum Wasser (hydrologische Gliederung)

zu a) Gliederung nach der Nährstoffversorgung

Nährstoffversorgung Stickstoffgehalt Bemerkung
Armmoore sehr schlecht 0,01 - 0,25 mg/l lebt weitgehend von Regenwasser
Sauer-, Base-, Kalk- Zwischenmoore mittel 0,25 - 0,6 mg/l Einstufung je nach Nährstoffgehalt im Mineralboden- bzw. Grundwasser
eutrophe Moore sehr gut 0,6-1 mg/l meist moosarme Großseggenriede, Röhrichte oder Erlenbrüche

zu b) hydrologische Gliederung

Kesselmoore

-abflußlos oder nur kleiner Überlauf in Talmulden (Kessel)

-relativ klein. Meist arm mit nährstoffreicherem Randstreifen

Verlandungsmoore

-Verlandung von Seen u.ä.

-Wasser wird durch Vegetation verdrängt

-Wasseranteil im Biotop nimmt ab

Versumpfungsmoore

-entstehen durch Grundwasseranstieg

-flächenhaftes Versumpfen ehemaliger Mineralbodenstandorte

-Wasseranteil im Biotop nimmt zu

Quellmoore

-wachen direkt im Geländebereich mit Grundwasseraustritten (Kliffrandbereiche z.B. Abstieg Waldhalle)

-meist klein. punkt- oder linienförmig über dem Grundwasseraustritt

-häufig direkt an Hängen

Durchströmungsmoore

-basieren auf einem Mineralwasserstrom, der den Torfkörper durchfließt

-meist sekundäre Moorentwicklungen, die andere Moortypen als Voraussetzung hatten (z.B. Quell- oder Versumpfungsmoore)

-häufig in offenen Tallagen, die von Bächen durchströmt werden und die Fließenergie der Bäche nachläßt

Das Interessante am Nationalpark Jasmund ist, daß wir hier alle Moortypen finden, wobei die Verlandungsmoore nur sehr kleinflächig vorhanden sind, da sich nur wenig freie Wasserfläche im Nationalpark befindet. Jedoch die Quell- und Kesselmoore, die sonst eher selten in der Landschaft vorhanden sind, sind in unserem kleinen Nationalpark häufiger. Aber auch mit Versumpfungs- und Durchströmungsmooren sind wir reich ausgestattet.

2. Moore in der Landschaft

Häufig wird die Funktion, die Moore in unserer Landschaft haben, weit unterschätzt. Moore sind etwas Schreckliches, Furchtbares. Der "Hund von Baskerville" und ähnliche Gruselgedanken machen sich breit. Das Moor verschlingt die Menschen, ist gefährlich. voll böser Geister und quälender Mücken. Das Moor muß weg: "Ein Sumpf zieht am Gebirge hin, den faulen Pfuhl auch abzuzieh'n. " Wer kennt sie nicht, diese Zeilen. Doch dies ist alles aus menschlicher Sicht betrachtet. 'Nutzlos" liegt dort Land in der Gegend umher, ohne Funktion für die menschliche Gesellschaft. Doch Moore haben Funktionen in dieser Landschaft, Funktionen, die auch uns Menschen zugute kommen. Zum einen sind es Wasserspeicher. Jedem, der schon einmal auf Moorboden gestanden hat, leuchtet dies ein. Wie ein Schwamm ist ein Moor in der Lage. große Mengen an Wasserüberschuß aufzunehmen und dadurch den Wasserhaushalt in der Landschaft auszugleichen. Dieser Wasserspeicher bewährt sich dann auch in Trockenperioden und schafft in den moornahen Bereichen bessere Bedingungen für das Wachstum durch mehr Feuchtigkeit bis hin zur Luftfeuchtigkeit. Vor allem aber mit der Aufnahme des Wasserüberschusses und der Speicherfähigkeit haben wir Menschen zu tun. Häufig haben wir zur Nutzung der Moorfläche gerade diese Funktionen zerstört und spüren nun, wohin das führt. Die angeblich gewonnenen Flächen trocknen häufig zu sehr aus, und wir bauen Stauwehre ein, um das Wasser zu halten. In Regenperioden fließt das Wasser oberflächlich ab, wird zu Sturzbächen und zerstört uns Uferränder und fruchtbare Ländereien.

Der Extremfall überschüssigen Wassers waren die großen Überschwemmungen der letzten zwei Jahre in Köln oder Norditalien. Sicher hätten Moore dies nicht verhindert. aber der Katastrophe zumindest die Spitze gebrochen. Aber es gibt noch eine andere wichtige Funktion für uns: Moore sind große Filter in unserer Landschaft Das bedeutet. daß Moore auf Grund ihrer physikalischen und chemischen Struktur Fremdstoffe und Verschmutzungen aus dem Wasser herausfiltern können und uns damit reines gutes Trinkwasser liefern. Selbst Schadstoffe aus der Luft werden aus Moorboden (Torf) in der Regel durch das Wasser nicht einfach herausgespült. Nicht umsonst gibt es Torffilteranlagen. Beide Funktionen sind für uns, für unser Leben, wichtig. Wir müssen es lernen zu akzeptieren. daß es in der Landschaft Bereiche gibt, deren wichtige Funktion nicht auf den ersten Blick deutlich wird. Leben mit Mooren, ihrer rauhen Schönheit und mit der Ehrfurcht vor der Zeit, die für die Entstehung eines solch komplizierten Mechanismus notwendig ist.


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 18.07.1998

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