Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.6                                                   September 1994


Ein Mauersegler zur Osterzeit im Nationalpark

Nach heftigem Sturm aus südlicher Richtung an den Ostertagen hatte es in der Nacht vom Ostermontag zu Dienstag Schnee - und Graupelschauer gegeben. Auf dem Waldboden im Nationalpark lagen am Dienstag (05.04.1994) noch letzte Schneereste, vor der Kreideküste am Kieler Ufer schwammen mehrere Prachttaucher und kleine Trupps von Eisenten, überwiegend noch im Winterkleid, nur bei einigen war die beginnende Mauser ins Prachtkleid zu erkennen.

Vor dieser winterlichen Kulisse war es sehr überraschend, als gegen 13 Uhr ein Mauersegler von Süden die Kreideküste entlanggeflogen kam und recht eilig Richtung Norden hinter einem Ufervorsprunq entschwand. Wir konnten nicht feststellen, ob er seine Flugrichtung nach Norden beibehielt und über die Ostsee weiterflog oder ob er dem Verlauf der Kreideküste Richtung Königsstuhl folgte.

Mauersegler überwintern in Äquatorial- und Südafrika und kommen gewöhnlich erst Anfang Mai in Mecklenburg - Vorpommern an. Der mittlere Erstbeobachtungstermin für die Jahre 1950 bis 1983 ist der 05.05. der früheste der 18.04. (KLAVS & STÜBS 1987). Unsere Beobachtung liegt damit Wochen vor dem bisher bekannten frühesten Erstbeobachtungstermin für Mecklenburg - Vorpommern. Nach GLUTZ von BLOTZHEIM & BAUER (1960) treffen die Mauersegler in Mitteleuropa nicht vor dem 10. bis 20.April ein, ausnahmsweise gibt es Erstbeobachtungen im März/Anfang April (13.03.1969 Reichelsheim/Hessen, 17.03.1960 Cuxhaven, 21.03.l892 Suffolk/England und 28.03.1916 Assing/Dänemark).

Man ist zunächst geneigt, als mögliche Erklärung für das frühe Erscheinen des Mauerseglers den stürmischen Südwind anzunehmen, der besonders am Ostermontag blies. Andererseits beschreiben GLOTZ von BLOTZHEIM & BAUER, daß Mauersegler mit sogenannten zyklonalen Wetterflügen Unwettern ausweichen und die Tiefdruckgebiete dabei meistens gegen den Wind fliegend im Uhrzeigersinn umwandern. An den Ostertagen befand sich ein kräftiges Tief über Süditalien und der südlichen Adria, das sich langsam nordöstlich verlagerte. Es ist daher auch denkbar, das der Mauersegler dieses Tiefdruckgebiet, gegen den in Norditalien herrschenden Nordwind gegenanfliegend, umwandern wollte. Daß er sich dabei dann bis nach Rügen verflog bleibt dennoch erstaunlich.

Ulrike und Klaus Graeber (Parkstraße 8 H, 23843 Bad 0ldesloe)

Literatur: GLUTZ VON BLOTZHEIM. U. & K. BAUER, Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 9. Wiesbaden 1980

KLAVS, G. & J. STÜBS: Die Vogelwelt Mecklenburgs. Jena 1987


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 27.07.1998

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