Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.11                                                   August 1997


Pflege in den Kreidebrüchen Quoltitz

Allgemeines

Mager- und Trockenstandorte bieten aufgrund ihrer extremen Standortverhältnisse einer außerordentlich großen Zahl seltener und spezialisierter Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Zu den extremen Standortverhältnissen zählen beispielsweise Wassermangel, starke Erwärmung des Bodens, geringes Nährstoffangebot.

Bereits diese Aufzählung läßt erkennen, daß eine Veränderung dieser Bedingungen wie Beschattung, höheres Nährstoffangebot, höhere Feuchtigkeit zu einer Veränderung des Artenspektrums führt.

Nun stellen derartige Offenbereiche, die fast immer durch menschliche Eingriffe entstanden sind, nur ein Zwischenstadium im Verlauf der natürlichen Fortentwicklung (Sukzession) dar, die letztlich mit einer Bewaldung und in unseren Breiten mit einem Buchenwald endet.

Allgemein gilt dementsprechend für Trocken- und Magerstandorte bzw. Offenlandbereiche:

"Es ist nichts schlimmer, als nichts zu tun."

Eine Erhaltung dieses Lebensraumes bedeutet, in die Sukzessionsprozesse einzugreifen, indem Verbuschung und Nährstoffeintrag reduziert und möglichst der artenreiche Offenlandcharakter erhalten wird. 1995/96 hat Frau HEIKE FLACHENECKER im Rahmen eines Praktikums ein umfangreiches Pflegekonzept für die Quol-titzer Kreidebrüche erarbeitet, das Grundlage für die im Novem-ber 1996 durchgeführten Eingriffe war.

Pflege und Erhaltung - Methoden

Ausgehend vom Stand 1996 - umfangreicher Gehölzaufwuchs und Vorhandensein von großen Einzelbäumen und Baumgruppen - geht der Pflegevorschlag von zwei Eingriffen aus:

1. Entbuschung (= Erstpflege)

2. Mahd (= Folgepflege)

Gebiet vor der Entbuschung

Dabei sieht der Vorschlag keine absolute Entbuschung vor, sondern beläßt ausgewählte, wertvollere Sträucher, Bäume und Gebüschgruppen im Areal. Das hat den Vorteil, daß sich das Arten-spektrum - speziell der Insekten - um diejenigen Arten erhöht, die stärker auf diese Futterpflanzen geprägt sind. Andererseits erfolgt die "Rodung" der zu entfernenden Gehölze radikal.

 Gebiet nach der Entbuschung

Das bedeutet, daß das Gehölz mit den Wurzeln entfernt wird. Die Vorteile liegen auf der Hand:

- es gibt keinen Massivausschlag aus dem Stock und

- es werden Rohbodenaufschlüsse geschaffen.

Der Nachteil liegt im Einsatz schwerer Geräte und dem daraus resultierenden Bodendruck.

Im November 1996 wurden nach entsprechenden Vorgaben in den Quoltitzer Brüchen zahlreiche Sträucher, Bäume und Gehölzgruppen entfernt. Das so entfernte Pflanzenmaterial wurde locker geschichtet als Ænatürlicher Zaun" um die Fläche gelegt.

Eine Entsorgung hätte die zur Verfügung stehenden Mittel für diese Maßnahme gesprengt, denn auch so mußte eine Fremdfirma eingesetzt werden, da die entsprechende Technik im Amt nicht zur Verfügung steht. Ein Verbrennen wäre nur als letzte Möglichkeit der Entsorgung in Betracht gekommen.

Nun kommt der Folgepflege - der Mahd - eine enorme Bedeutung zu. Wichtig ist dabei die Entfernung des Mähgutes, um dem Boden Nährstoffe dauerhaft zu entziehen.

Bei einer Beweidung des Areals - sie stellt eine oft praktizierte Methode der Trockenrasenpflege dar - kommt es zu einer Veränderung der Vegetationszusammensetzung. Diese ist zwar auf Flächen, die durch Beweidung entstanden sind, bedeutungslos, nicht aber auf Flächen, die nach Auflassung der Kreidebrüche weitgehend unbeeinflußt besiedelt wurden.

Mehrere Begehungen im Sommer dieses Jahres zeigten außerdem, daß zahlreiche junge Gehölze (Birke, Ahorn, Weißdorn u.a. ) Fuß gefaßt haben. Diese Pflanzen sind relativ leicht entfernbar, wobei das Einkürzen auf den Stock eher zu einem verstärkten Austreiben führt. Besser ist daher das radikale Entfernen.

Dies könnte eine Aufgabe für Mitglieder des Fördervereins sein, die mittels Spaten einen Teil der Gehölze beseitigen könnten. Diese Maßnahme sollte bis Oktober abgeschlossen sein, da bis dahin die Belaubung noch die Gehölzart erkennen läßt.

Ausblick

Es wurde bereits gesagt, daß Offenlandflächen (Ausnahme sind die Moore) nur Zwischenstadien im Sukzessionsprozeß darstellen. Im Rahmen des Artenschutz-Gedankens kommt es darauf an, diese Zwischenstation zu "konservieren".

Während Nationalpark-Schutz (abgesehen vom Problemkreis Tourismus) kaum Finanzen beansprucht - die Natur soll sich ja unbeeinflußt entwickeln - ist der Schutz von Offenlandflächen kostenintensiv und ein Dauerunternehmen.

Durch die neuen IUCN - Kriterien, die Artenschutz als ein Haupt-Managementziel vorsehen, ergibt sich daraus eine klar fixierte Aufgabe. Eine moralische und gesetzliche Pflicht würde ohnehin bestehen, denn viele Tier- und Pflanzenarten dieser Biotope sind nicht nur Rote-Liste-Arten, sondern auch in der Bundesartenschutzverordnung als schützenswert erfaßt.

Manfred Kutscher


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 17.07.1998

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