Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.5                                                   Dezember 1993


Projekte und Helfer

Liebe Freunde des Nationalparkes Jasmund

Diesmal möchte ich einiges über Aktivitäten schreiben, die im Zusammenhang mit einzelnen Projekten stehen. Immer wieder bekommen wir unsere Grenzen zu spüren. Obwohl die Besucherzahl abnimmt und wir mit unseren 1 500 000 Besuchern mit Sicherheit nicht übertrieben haben, bleiben wir als "Kleinster" der Nationalparke immer das Stiefkind. Sowohl im Lande bzw. Landeshaushalt als auch bei den Fördermitteln der EG.: Uns fehlt es eben einfach an vermarktungsfähigen, brütenden Großvögeln (wie Adler, Kranichen u.ä.) oder großen Ansammlungen derselben. Andererseits sind die Kreidefelsen zwar schön, aber bisher noch nicht die Markenzeichen großer, finanzkräftiger Firmen (Lufthansa und Kranich oder Allianz und Adler). Ein Wermutstropfen sei noch erwähnt. Der Torso der neuen Brücke zum Königsstuhl steht. Den Übergang neu zu gestalten, war notwendig. Aber schon das Projekt, das uns die Stadt zeigte, war, von der Durchführung her von uns angezweifelt worden. Besonders die Bedingungen. die von Anfang an gestellt waren und im Projekt auch genannt sind, schienen uns in der praktischen Umsetzung nicht erfüllbar. In unseren Stellungnahmen dazu brachten wir auch zum Ausdruck, daß weder die Bedingung "unauffälliges Einpassen in die Landschaft" noch "es wird kein Baum gefällt" mit diesem Projekt erfüllbar seien. Aber immer wieder wurde uns von den Fach1euten versichert. alle vorgegebenen Prämissen würden eingehalten. .

Die direkte Baubegleitung lag dann in den bewährten Händen von Herrn Schröder. der sich sehr bemühte. Bis kurz vor der Aufstellung des Brückenkörpers wurde versichert, daß alles entsprechend den Vorgaben laufe. Jetzt steht ein riesiger Klotz in der Landschaft. Der Königsstuhl wurde völlig entweiht. Von allen Seiten ist das Ding zu sehen. Fotos ohne Brücke sind also jetzt nicht nur historische Zeitzeugen. sondern auch ästhetische Reste einer vergangenen Zeit.

Zur Krönung wurden auch noch 4 Bäume gefällt und weitere Bäume müssen gefällt oder sehr stark beschnitten werden, da sich der Fußbodenbelag in Kronenhöhe der Bäume befindet. Dieses häßliche Monstrum wird wohl ein Dauerbrenner nächste Zeit, zumindest in der örtlichen Presse, werden.

Noch einige Informationen dazu. Bauauftraggeber ist, wie oben schon erwähnt, die Stadt Sassnitz. Das hängt mit der Kassierung am Königsstuhl zusammen. Viele von Ihnen werden es wissen, daß die Stadt Sassnitz aus alter Tradition auf ihrer Gemarkung am Königsstuhl die Eintrittsgebühr erhebt. Das gibt den Stadtvätern natürlich auch eine gewisse Verpflichtung auf. So wird der gesamte Müll rund um den Königsstuhl von der Stadt entsorgt. Auch die vier Mitarbeiter, die an der Hagener Kreuzung in der Saison ihren Dienst versahen, werden von ihr bezahlt. Trotzdem sind die Erlöse natürlich immer noch um einiges höher als die Ausgaben. So sind für den Übergang zum Königsstuhl seit 3 Jahren 250000 DM im Finanzhaushalt geplant, die erst jetzt richtig wirksam werden. Es gibt natürlich mit der Stadt immer wieder Verhandlungen über die Verwendung des Überschusses aus diesen Einnahmen. So wurden damals beim Bau des Wanderweges vom Parkplatz Hagen zum Königsstuhl die fehlenden Komplementärmittel zu den 70000 DM Landesfördermittel in Höhe von 40 000 DM (wenn auch zähneknirschend) von der Stadt getragen.

Womit wir bei einem unserer großen Sorgenkinder wären - dem Abstieg vom Königsstuhl zum Strand. Wir haben uns um viele Finanzierungsmöglichkeiten bemüht, doch immer war die Frage nach den Einnahmen. Nun sind 800 000 DM doch eine Summe, die sich selbst aus dem Gewinn der Königsstuhlgebühren nicht ohne weiteres finanzieren 1äßt. Das Projekt wurde dann auch der Forstverwaltung a13 hoheitlich8 Behörde für das Gebiet vorgestellt, mit dem Ziel einige Arbeiten, die keine Statik erfordern, durch Waldarbeiter machen zu lassen. Da Holzeinschlagsarbeiten im Nationalpark nicht in dem Umfang mehr anfallen, ändert sich das Arbeitsspektrum genau in diese Richtung. und es würde die Kosten um einiges verringern. Doch am Anfang gab es auch von dieser Seite Skepsis.

Nachdem der private Hörfunksender "Antenne M-V" dann über unser Problem landesweit berichtete, meldeten sich auch Mitarbeiter aus anderen Schweriner Ministerien (insbesondere Sozialministerium) und versprachen uns zu unterstützen.

Seit Ende November sitzen wir nun mit der Forstverwaltung und der Stadt Sassnitz an einem Tisch und versuchen das vertraglich und rechtlich sauber in die Wege zu leiten. Im Rücken haben wir die Zusage des Wirtschaftsministeriums, das Projekt in der Tourismusförderung entsprechend vorrangig zu behandeln. Also es läuft erst einmal.

Ein weiteres größeres Projekt nimmt Gestalt an - das ehemalige Militärobjekt am Königstuhl ist nun endlich von der Bundesvermögensverwaltung an die Stadt Sassnitz zurückgegeben worden. Gemeinsam mit der Bauverwaltung und einem Architektenbüro ist eine Bausatzung erarbeitet worden, die auch von der Stadtverordnetenversammllung beschlossen wurde. 1994 kann nach den entsprechenden Vorgaben durch die Stadt mit der Bebauung begonnen werden. Unsere Prämisse, keine neuen Gebäude, Erha1tung der vorhandenen Geschoß- und Grundflächenzahl, wurde akzeptiert und berücksichtigt. Kampf wird es nochmals bei der Befahrbarkeit geben.

Dazu ist allerdings wieder eine kleine Vorgeschichte notwendig. Im August lief normalerweise die AB-Maßnahme Nationa1parkwacht aus. Geplant war die Fortführung im Rahmen des Arbeitsförderungsgesetzes § 249 h. Dieser Paragraph sieht eine monatliche Bezuschussung durch das Arbeitsamt von 1 260.- DM für 3 Jahre vor. Der ÆRest" von knapp 3 000.- DM monatlich (einschließlich Arbeitgeberanteil) müßte nun vom Land aufgebracht werden. Nach der Zusage durch Umwelt-, Finanz- und Sozialministerium zog die Bürokratie seine Kreise. Es wurde 14. August. Die schriftliche Zusage lag zwar vor, aber weder Arbeitsvertrag noch Geld waren aus Schwerin abzusehen. Was tun? Die Zusage aus Schwerin war ohne Arbeitsvertrag kaum etwas wert. Ent1assung der Männer hätte bedeutet, daß sie danach bei uns nicht mehr hätten einsteigen können (mindestens 1/2 Jahr arbeitslos oder ABM, um den § 249 h zu nutzen). Und wir hätten mitten in der Saison ohne einen Nationalparkwächter dagestanden. Doch sie waren bereit weiterzuarbeiten, trotz des Risikos für beide Seiten. Nachdem bis Anfang September trotz vie1en Drängens immer noch nichts erreicht war, wurde es für einige Kollegen finanziell schwierig. Da deutete sich wieder einmal Hilfe aus Hamburg an. Die Stiftung Naturschutz Hamburg und die Stiftung zum Schutz bedrohter Pflanzen (insbesondere Herr Dr. Martens) besorgte uns einen Sponsor, der bereit war, in Höhe der Nettogehälter einzuspringen und wir waren gerettet. Nachdem im Oktober endlich die Landesregierung ihrer Zusage nachgekommen war, fand im November im Nationa1park ein Gespräch mit dem Vertreter der "Deutschen Shell AG" statt. Er sicherte uns zu, daß das Geld nun nach Rückzahlung durch die Kollegen im Nationalpark verbleiben könne Weiterhin sicherte er zu, daß er beim Vorstand eine kontinuierliche Förderung in gleicher Höhe (ca. 40 000 DM) für jedes Jahr beantragen wird. Er schaute sich auch unseren Kinosaal an. Dort Wurde die Notwendigkeit größerer Sponsorenbeträge natürlich offensichtlich und es wurde deutlich, daß gerade dieses Objekt keine kurzzeitige Investition ist. Soweit zu diesen großen Objekten rund um den Königsstuhl.

Natürlich fließen bei der Planung und den Bauarbeiten auch die vielen Einzelspenden der Vereinsmitglieder mit ein.

Aber es gibt noch andere erwähnenswerte Spendenaktivitäten. So war es uns dank der Firma ÆEFFEM" (besser bekannt als ÆWhiskas") wieder möglich, Faltblätter drucken zu lassen. Dadurch sind wir im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wieder auf dem neuesten Stand.

Auch unsere Freunde vom "Lions-Club" Düren haben uns wieder unter die Arme gegriffen und wollen es weiter tun. Anläßlich ihres Besuches auf Rügen und im Nationalpark Jasmund in diesem Jahr erklärten sie ihre Bereitschaft, die Kosten für eine große Informationstafel über die Slawen - oder Steinzeit zu übernehmen. Beide Tafeln sind im Entwurf fertig und sollen zu je zwei Stück gefertigt und vor Beginn der nächsten Saison aufgestellt werden.

Liebe Freunde, Sie merken also, es tut sich vieles bei uns und sehr vieles mit Unterstützung des Fördervereins, über den diese ganzen Dinge laufen. Ich möchte mich deshalb ganz herzlich bei allen, auch den hier nicht genannten, bedanken und wünschen, daß es weiter so gut läuft im neuen Jahr 1994 und jedem persönlich viel Glück, vor allem Gesundheit und Freude am Leben und am Helfen in unserem Nationalpark Jasmund.

Ihr Gerd Klötzer


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 17.07.1998

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