Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.3                                                   März 1993


Quellen und Bäche im Nationalpark Jasmund

Der Nationalpark Jasmund wäre um vieles ärmer ohne seine Gewässer. Dazu gehören Quellen, Bäche, kleine Wasserflächen in vermoorten Senken, wassergefüllte Kreidebrüche und der Herthasee. Klimatische und geologische Besonderheiten im Nationalpark sind an ihrer Entstehung und an ihrer Entwicklung maßgeblich beteiligt.

Es beginnt damit. daß auf Hoch-Jasmund die höchsten Niederschläge (>= 7OO mm/Jahr) der gesamten mecklenburgisch-vorpommerschen Ostseeküste fallen. Hinzu kommen eine hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Temperaturen, d.h. die Verdunstung ist trotz der Waldbedeckung gering. Die Niederschläge versickern größtenteils oder fließen oberirdisch ab.

Der Anteil des in den Untergrund versickernden Wassers ist wegen der tektonischen Struktur des Gebietes besonders hoch. Während Kreide und Geschiebemergel das Wasser stauen, bilden zwischengelagerte Sande die eigentlichen Wasserträger.

Das Wasser tritt an den unterschiedlichsten Stellen wieder zutage, so in den Quellen der Moore, in den tief eingeschnittenen Unterläufen der Bachtäler oder direkt am Kreidekliff.

Zu den Quellen des Ufers gehören alle unmittelbar über der Strandterrasse entspringenden Wasserläufe, an die sich kein eigentlicher Bachlauf, sondern ein unbedeutendes Rinnsal anschließt. Viele davon versickern schon wieder, ehe sie die Ufergerölle erreicht haben.

Verschiedene Rinnsale sind temporär und damit nur zeitweilig als solche erkennbar. Oftmals als Frühjahrsrinnsale bezeichnet, befinden sie sich vor allem am Nordufer Jasmunds zwischen Lohme und Nardevitz.

Sandige und tonige Bereiche des Untergrundes werden durch das eindringende Wasser aufgeweicht und regelrecht schlüpfrig gemacht. Es entstehen die sogenannten Hangquellmoore. Eines der bedeutendsten befindet sich nordöstlich von Nardevitz mit dem wohl größten zusammenhängenden Bestand des Riesenschachtelhalms auf Rügen.

Zahlreiche Wasseraustritte am Kreidekliff hinterlassen eine rotbraune Färbung. Es handelt sich um Eisenocker. Der hohe Eisengehalt entstammt den massenhaft in der Kreide vorhandenen, in der Steilwand rasch sich zersetzenden Markasitknollen (Eisenkies).

Die Quellen und Bäche Jasmunds sind kalkreich. Der hohe Kalkgehalt des austretenden Wassers (Kreide besteht zu 95-97 % aus Kalziumkarbonat) führt zu den imposanten Kalktuffablagerungen und - terrassen wie z.B. am Äser Ort und am Wasserfall des Kieler Baches.

An dieser Kalktuffbildung ist eine Moosart aus der Familie der Starknervmoose maßgeblich beteiligt. Auch an den Hängen der Bachtäler entspringen oft kleine Quellen.

Dazu zählt die im Nationalpark einzige Schwefelquelle am Mittellauf des Kollicker Baches direkt am gepflasterten Forstweg westlich vom Kollicker Ort. Am Wasseraustritt sind Boden und Steine von einem weißlich, spinnenwebartigen Belag überzogen. Es handelt sich um verschiedene Schwefelbakterien, die an dieser Stelle das schwefelwasserstoffhaltige Sediment für ihren Stoffwechsel verwerten. Schon vom Weg aus ist ein Geruch wie nach faulen Eiern wahrzunehmen. Der deutsche Seenforscher August Thienemann hat zwischen 1906 und 1936 die Quellen und Bäche Jasmunds gründlich untersucht, so auch in ihrer Besiedlung durch Tiere. In den kalten Quellen wurden mehr als lZ7 Arten gefunden, davon 35 Kleinkrebsarten, fast 70 Insektenarten bzw. ihre Larven und 4 Weichtierarten (Schnecken, Muscheln). Wesentlich geringer war die Artenzahl in der Schwefelquelle und ihrem Umfeld am Kollicker Ort, nämlich nur l4.

Die Quellen Jasmunds sind Ausgangspunkt der bekannten Bäche, über die im zweiten Teil berichtet wird.

Dr. Bodo Noack


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 05.08.1998

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