Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.3                                                   März 1993


Der Wald im Nationalpark Jasmund

Liebe Freunde des Nationalparkes. Einiges über unseren Wald soll in diesem Artikel geschrieben werden. Ich möchte dazu etwas weiter ausholen, d.h. geschichtlich beginnen. Die Geschichte unserer Wälder beginnt nach dem Rückzug der letzten Eiszeitgletscher vor ca. 12 000 Jahren. Nach einer kurzen baumlosen Tundrenzeit gewannen Birke und Kiefer an Bedeutung, dem sich die Hasel anschloß. Vor ca. 10.000 Jahren sprach man deshalb von der sogenannten Haselzeit. Danach wanderte die Eiche in die Walder ein. Ulme (Rüster), Esche und Ahorn gesellten sich dazu bis vor ca. 1000 Jahren die Buche endlich die Oberhand als natürliche Baumart gewann und alle Konkurrenten durch ihre hohe Schattenverträglichkeit verdrängte. Unter den relativ geschlossenen Altbeständen konnte sie trotz geringen Lichteinfalls besser wachsen, als alle anderen Bäume. Heute stehen in der Stubnitz auf über der Hälfte der Landfläche Buchen im Alter von 80 Jahren und älter. Die nachweislich ältesten Buchen befinden sich mit über 240 Jahren nördlich des Königsstuhls in der Teufelsschlucht.

Aber auch beeindruckend für viele sind die 211 Jahre alten Schloßbergbuchen. Südöstlich des alten Burgwalls stehen sie, ein kleines Totalreservat schon seit Jahrzehnten. So wie dort kann man sich natürlich aufgewachsenen Buchenwald vorstellen. Auf einem 10-15 m astfreien Stamm sitzt eine Krone, die den Konkurrenzkampf um das Licht gewonnen hat. Starke schräg aufwärts gerichtete Äste künden vom kraftvollen Sieg über ehemalige Gefährten.

Auch im Pflanzenreich gelten Darwins Gesetze vom Stärkeren. Ein anderes Aussehen haben Hudebuchen, wie die ca. 100m nördlich des Weddingparkplatzes am Wanderweg zur Waldhalle. Durch das Eintreiben des Viehes (Ziegen, Schweine), das Hüten - "Hude" -konnte dieser Baum ohne lästige Konkurrenz aufwachsen und frühzeitig seine Krone voll entfalten. Ein herrlicher Anblick unbekümmert und frei entgegen allen Regeln und bar jeglicher Disziplin steht er wahrscheinlich schon über 300 Jahre dort und hat trotzdem so manches Regime und seine Regenten überlebt. Aber es wird wohl einer der letzten sein, denn wer hat heute noch Ziegen und Schweine zu Hause. Auf über 80 % der Flache entscheiden die Buchen allein unter sich. Ob die Gesundesten und Widerstandsfähigsten unsere derzeitige Umweltverschmutzung überstehen, werden wir wohl nicht mehr erleben.

Etwas weiter den Weg entlang in Richtung Waldhalle halt eine alte Kiefer wie eine Mutter, ihre Zweige schützend über einige Fremdlinge. Noch jung an Jahren sind sie erst nach dem Krieg hier gepflanzt worden. Am ungewöhnlichsten für Wälder ist der Lebensbaum (Thuja) mit seinen Schuppenblattern vielen auch von Friedhöfen bekannt. In Mitteleuropa kaum in Wäldern anzutreffen. Eher als Parkbaum. Insgesamt sind 250 ha = 11,5 % unserer Waldfläche in der Stubnitz mit untypischen Baumarten bepflanzt. Den größten Antei1 mit 140 ha (6,5 %) nimmt die Fichte ein. Wobei hier einzelne Altfichten in den Buchenwäldern genau so dazu gezahlt werden, wie die jungen Fichten, die meist flächenweise nach dem Krieg auf Grund von Reparationszahlungen und einzelnen Kahlschlägen gepflanzt wurden. Gleich hinter dem Wedding begegnen wir beiden Varianten. Die Stürme dieses Winters haben uns vor allem Mitte Januar 1993 gezeigt. daß sie nicht hierhin gehören. Die Generationen vor uns haben sie häufig als Füllbaum verwendet, wenn die Buche sich von allein nicht weiter verjüngen wollte. Sie wurde dann als unproblematische Baumart einfach auf die Fehlstellen gepflanzt. Nur wenige sind dann später davon übrig geblieben. Das sind die einzelnen Altbäume zwischen den Buchen, die uns die forstliche Bewirtschaftung der Stubnitz schon vor über hundert Jahren vor Augen führen.

Ähnliches finden wir auch mit alten Lärchen. Jedoch sind diese nicht in Mittel- und Süddeutschland heimisch, wie die Fichte. Die europäischen Lärchen wurden vor über 200 Jahren aus den Sudeten hier eingeführt. Der größte Teil der jüngeren Bestände ist jedoch mit japanischer Lärche aufgeforstet worden. Insgesamt stehen beide Lärchenarten mit 91 ha (4,5 %) an dritter stelle der Baumarten in der Stubnitz. Viele davon finden wir im Nordteil zwischen Baumhaus Schwierenz und Königsstuhl oder am Sonnenberg. Auch sie wurden größtenteils nach dem Krieg gepflanzt. Häufig verbinden die Förster damit die Hoffnung, daß später sie selbst oder ihre Nachfolger, Buche darunter pflanzen um der Buche damit die Möglichkeit zu geben, verlorengegangenes Terrain wieder zurückzugewinnen. Die anderen standortsfremden Baumarten, wie die Weymouths-Kiefer mit den herrlich sanft-weichen Nadeln, Omorika und Blau-Fichte sind kaum erwähnenswert. Häufiger sind noch Sitka-Fichte (am Wanderweg Parkplatz Hagen - Königsstuhl nach ca. 700 m links zwischen Weg und Moor) und Douglasie (ein hübscher Bestand östlich der Stubbenkammerstraße in Höhe der Tessnick-Wiese).

Nun aber zurück zu unseren heimischen Baumarten. Da rangieren an zweiter stelle die beiden Erlen-Arten, weiß- und Roterle mit 57 ha (3%). Der Unterschied ist für den Laien kaum von Bedeutung und nur anhand des Blattes festzustellen. Die häufigere Roterle (55 ha) hat keine Blattspitze, sondern ist vorn abgeflacht oder eingebuchtet. Einen sehr schönen Erlenbestand finden wir wenn wir unseren Spaziergang von der Waldhalle entlang der Pflasterstraße bis zum bekannten Großsteingrab fortsetzen. Dort gegenüber (südlich der Straße) finden wir einen herrlich alten Erlenbruch. Hier entsprang ursprünglich einmal der Wissower Bach. Wer rechtzeitig schaut, erkennt an der Ostseite noch eine rechteckige Senke, Fischteich oder Torfbruch? Wer weiß es genau. Genauer hinschauen sollte man aber, denn mit etwas Übung erkennt man anhand von Wülsten an den Wurzelanläufen der Erlen, wie hoch das Wasser früher gestanden haben muß.

Durch das in den letzten Jahren wiederholte Trockenfallen ist unsere dritte heimische Laubbaumart, die Esche (insgesamt 38 ha in der Stubnitz), in den Bestand eingewandert. Sie mag mit den Füßen (Wurzeln) nicht ganz so sehr im Nassen stehen, wie die Erle.

Beide Baumarten sind hier sehr schön voneinander zu unterscheiden. Die Esche hat bei weitem nicht die großen Wurzelanläufe mit ihren Stelzwurzeln, wie die Erle und andererseits trägt die Rinde in der Jugend vor allem am Wurzelansatz einen leicht ins Ocker gehenden Farbton. Wenn wir weiter in Richtung Schloßberg wandern, finden wir rechts am Weg zur Rognick-Wiese hin einzelne alte Eichen. In der Stubnitz finden wir derzeit 32 ha Eichenwald. Es ist umstritten, ob die Eiche zu den heimischen Baumarten gehört. Aber zumindest vor 2.000 Jahren gehörte sie dazu, bevor die Buche sie verdrängte. Nach subjektivem Eindruck gewinnt dafür der Ahorn an Bedeutung, z.Z. 9 ha. Weitere Baumarten, die auffallen,

sind vor allem die Vogelkirsche mit ihren herrlich weißen Blüten im Frühling zwischen dem jungen aufbrechenden Grün.

Mit diesem Bild auf den kommenden Frühling möchte ich den kleinen Exkurs schließen und hoffe, daß die Zahlen über den Stubnitzwald verpackt nicht ganz so langweilig waren und so zu einem kleinen Frühjahrsbummel durch ihn animiert haben.

Gerd Klötzer


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 05.08.1998

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